Gegen den Abriss der Siedlung Litterode!
Für eine sozial und ökologisch nachhaltige Quartiersentwicklung!
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die Litterode, eine Siedlung aus den 1930er Jahren in Essen-Leithe, soll abgerissen werden. Durch den Abriss dieser Siedlung würde nicht nur ein Stück Stadtgeschichte verloren gehen, sondern auch eine intakte Gemeinschaft, die auf vorbildliche Weise nachbarschaftliches und generationenübergreifendes Zusammenleben praktiziert.
Die Eigentümerin der Siedlung, die Allbau GmbH, argumentiert, dass der Abriss unvermeidlich sei, weil nur auf diese Weise mehr Wohnraum geschaffen werden könne. Darüber hinaus sei der Neubau wirtschaftlicher und ökologisch nachhaltiger als die Sanierung der historischen Gebäude.
Bereits im September 2024 legte die Bürgerinitiative „Rettet die Litterode!“ Ihnen, Herr Oberbürgermeister Kufen, sowie Vertretern der Allbau GmbH einen alternativen Plan vor, der die oben genannten Argumente entkräftete. Des Weiteren hat die Bürgerinitiative eine Bauzustandsbeschreibung der historischen Häuser vorgenommen und die Kosten für die Sanierung dieser Gebäude ermittelt.
Die genannten Pläne und Untersuchungen führten zu den folgenden Ergebnissen:
A: Durch die geschickte Ausnutzung der Fläche könnte die gleiche Anzahl an Wohneinheiten breitgestellt werden, wie von der Allbau GmbH geplant. Gleichzeitig könnte der größte Teil der historischen Siedlung erhalten bleiben.
B: Die historischen Gebäude lassen sich problemlos an heutige Wohn- und Energiestandards anpassen (EF40). Die Sanierungskosten würden die Kosten für vergleichbare Neubauten nicht übersteigen.
C: Der Erhalt und die Modernisierung der historischen Gebäude hat wesentlich geringere ökologische Auswirkungen, sowohl in Bezug auf die Treibhausgasemissionen als auch in Bezug auf Flächenversiegelung, Rohstoffverbrauch und das Aufkommen von Bauabfällen.
D: Die Bewohnerinnen, die seit Jahrzehnten in einer sozial stabilen Nachbarschaft zusammenleben, könnten ihre Heimat behalten und mit zukünftigen Mitbewohnerinnen teilen.
Allen Argumenten, Gesprächen und Kooperationsangeboten zum Trotz hat die Allbau GmbH schon im Oktober 2024 den Abriss eines historischen Gebäudes vorgenommen, das hätte saniert werden können (Litterode Nr. 23/25). Aktuell werden vier weitere sanierungsfähige Häuser für den Abriss vorbereitet (Litterode Nr. 18/20, 22/24, 30/32, 34/36)!
Die Unterzeichner dieses Briefes möchten Sie darauf hinweisen, dass dieses rücksichtslose Vorgehen nicht nur das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in eine sozial verantwortliche und fachlich kompetente Stadt- und Quartiersentwicklung beschädigt, sondern auch auf eklatante Weise gegen die Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Essen verstößt (u.a. Themenbereich „Wohnen und Nachhaltige Quartiere“). Außerdem steht dieses Vorgehen nicht im Einklang mit der Wohnbauförderung des Landes Nordrhein-Westfalen, die von der Allbau GmbH in Anspruch genommen wird, denn diese setzt die „Sicherung sozial stabiler Bewohnerstrukturen“ voraus (FRL öff ohnen NRW 2024, 2.4.3).
Darum fordern die Unterzeichner dieses Briefes,…
... dass der Abriss der Siedlung unverzüglich gestoppt wird.
... dass alternative Maßnahmen ernsthaft geprüft werden und die Bewohner*innen in angemessener Weise einbezogen werden.
... dass die Immobilien Management Essen GmbH mit ihrer Mehrheitsbeteiligungen an der Allbau-Gruppe ihrer Verantwortung für die Stadt und deren Bewohner*innen gerecht wird und das Vorgehen in der Siedlung Litterode korrigiert.
... dass Sie, Herr Oberbürgermeister Kufen, als Stadtoberhaupt Ihre persönlichen und rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um die unnötige Zerstörung baulicher und sozialer Strukturen zu beenden und sich für eine Quartiersentwicklung im Sinne der Essener Nachhaltigkeitsstrategie stark zu machen.
Ganz nach Ihren eignen Worten:
„Unser Handeln in Essen hat Auswirkungen auf das Heute und die Zukunft. Wir alle sollten unsere Verantwortung dabei ernst nehmen“ (zitiert aus der Essener Nachhaltigkeitsstrategie, 2021).
Die Erstunterzeichner:
(Stand. 13. 2. 2025)
Leon Beck -- Architects for Future (Vorstand)
PD Dr. habil. Karin Berkemann -- moderneREGIONAL
Prof. Dr. Ben Boucsein -- Technische Universität München, Department of Architecture
Prof.‘in Dr. Verena Brehm -- Universität Kassel, Fachbereich Architektur - Stadtplanung – Landschaftsplanung
Arno Denk -- Technische Universität München, Department of Architecture
Prof.‘in Isabel Maria Finkenberger -- Fachhochschule Aachen, Fachbereich Architektur
Prof.‘in Frauke Gerstenberg -- Muthesius Kunsthochschule Kiel
Porf. Dr. Christoph Grafe -- Bergische Universität Wuppertal, Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen
Jun.-Prof.‘in Dr. Linda Hildebrand -- RWTH Aachen
Vertr. Prof. Jan Kampshoff -- Hochschule Düsseldorf, Fachbereich Architektur & Design
Prof.‘in Dr. Daniela Konrad -- Hochschule Bremen, Fakultät 2, Abteilung Architektur
Prof.‘in Andrea Klinge -- Karlsruhe Institute of Technology (KIT), Fakultät Architektur
Jeannette Nieke -- Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Prof. Jan Mehnert -- Fachhochschule Dortmund, Fachbereich Architektur
Prof. Tim Rieniets -- Leibniz Universität Hannover, Fakultät für Architektur und Landschaft
Prof.‘in Dr. Anja Rosen -- Münster School of Architecture, Fachbereich Architektur
Prof. Joachim Schulz-Grahnberg -- Münster School of Architecture, Fachbereich Architektur
Prof. Björn Severin -- Kunstakademie Düsseldorf
Dr. Alexander Stumm -- Abirssmoratorium / Universität Kassel, Fachbereich Architektur - Stadtplanung – Landschaftsplanung
Prof.‘in Martina Wiedleroither -- Hochschule Hannover, Studiengang Innenarchitektur
Prof.‘in Dr. Tatjana Schneider -- Technische Universität Braunschweig, Fakultät Architektur, Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften
Prof.‘in Yasemin Utku -- Technische Hochschule Köln, Fakultät für Architektur