DIE ZUWENDUNGSRECHTLICHEN RAHMENBEDINGUNGEN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND FÜR AUSLANDSPROJEKTE MÜSSEN DRINGEND REFORMIERT WERDEN
FÜR EINE BESSERE WIRKUNG UND EINE EFFEKTIVERE ZUSAMMENARBEIT VON REGIERUNG UND ZIVILGESELLSCHAFT
Eine Anpassung der zuwendungsrechtlichen Rahmenbedingungen für Auslandsprojekte ist dringend notwendig, um eine effektivere und wirkungsvollere Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaften in der Außenpolitik zu ermöglichen. Eine solche Reform muss aus dem Deutschen Bundestag heraus angestoßen und gestaltet werden, insbesondere durch ein Zusammenwirken des Auswärtigen Ausschusses und des Haushaltsausschusses sowie unter Einbezug des Unterausschusses Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln. Wir wenden uns daher an die Mitglieder dieser Ausschüsse und bitten Sie das Problem nicht nur zu erkennen, sondern sich der herausfordernden Aufgabe zu widmen, die zuwendungsrechtlichen Rahmenbedingungen endlich spezifisch für Auslandsprojekte anzupassen, insbesondere für Konflikt- und Transformationsregionen.
Wir zivilgesellschaftlichen Organisationen sehen uns in einer komplementären Rolle zur staatlichen Außenpolitik, die wir mit einem hohen Innovationsgehalt und viel Engagement ausfüllen. Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass wir wirkungsvolle Projekte umsetzen können, auch in Bereichen wo staatliche Akteure kaum vordringen können. Der rechtliche Rahmen unserer Arbeit, das Zuwendungsrecht und dessen Anwendung durch das Auswärtige Amt, stellt uns jedoch vor substantielle Herausforderungen.
Das deutsche Zuwendungsrecht wurde grundsätzlich nicht für die Förderung von Maßnahmen im Ausland entwickelt. Es ist in der jetzigen Form und Auslegung für Förderungen im Ausland, insbesondere in Konflikt- und Transformationsregionen, nicht geeignet, nicht effektiv und in einer bestmöglichen Wirkung oft ein Hindernis.
Deutsche und internationale Akteure weisen zunehmend auf die Diskrepanz zwischen den einerseits formulierten außenpolitischen Ansprüchen und Grundsätzen (u.a. Beiträge zu „Deutschlands Rolle in der Welt“, diversen Leitlinien und ressortgemeinsamen Strategien) und andererseits, der Notwendigkeit die passenden Rahmenbedingungen für effektivere Maßnahmen im Ausland zu schaffen, hin.
In der Vergangenheit wurden die Probleme und Defizite des Zuwendungsrechts teilweise durch eine den Umständen angepasste Auslegung und Ausnutzung von Ermessensspielräumen kompensiert. In den letzten Jahren beobachten wir jedoch eine engere Auslegung. Nicht zuletzt dadurch haben sich die Rahmenbedingungen für die Mittelempfänger in den letzten Jahren sukzessive verschlechtert. Insbesondere sind die Verwaltungsvorgaben und Risiken für die Mittelempfänger deutlich gestiegen. Auch die weiterhin überwiegende Form der Kalenderjahresförderung in der außenpolitischen Projektförderung steht dem Charakter und den Bedürfnissen von Prozessen in Konflikt- und Transformationsregionen entgegen.
Gleichzeitig sind die Ansprüche an die Dokumentation von Projektfortschritten und Wirkungsnachweisen ebenfalls gestiegen. Wir sind überzeugt von der Notwendigkeit, dass die Vergabe von öffentlichen Mitteln und deren Verwendung durch Organisationen der Zivilgesellschaft sorgfältig geprüft werden sollten. Allerdings haben die Rahmenbedingungen für Auslandsprojekte des Auswärtigen Amts und deren zunehmend engere Auslegungen dazu geführt, dass sich diese vom Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (§ 7 BHO) zunehmend entfernen und die intendierte Wirkung im Ausland substanziell beeinträchtigt wird.
Dringend notwendige Schritte sind:
A) Verbesserungen im Rahmen der bereits bestehenden haushaltsrechtlichen Möglichkeiten werden kurz- bis mittelfristig umgesetzt, unter anderem aber nicht ausschließlich:
B) Die zuwendungsrechtlichen Rahmenbedingungen für Auslandsprojekte insgesamt werden durch den Gesetzgeber auf den Prüfstand gestellt. Grundlage muss eine ausführliche Analyse sein, die sowohl die Prinzipien des Haushaltsrechts als auch die Kontexte und Bedürfnisse der Projektarbeit im Ausland einbezieht, insbesondere in Konflikt- und Transformationsregionen. Ziel sollte es sein, die Schwachstellen des bestehenden Systems durch Änderungen zu überwinden.
Nicht nur wir Mittelempfänger, sondern auch viele Personen und Referate im Auswärtigen Amt sind davon überzeugt, dass an den Sonderkontext Konflikt- und Transformationsgebiete angepasste rechtliche Rahmenbedingungen sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch die Wirkung gleichzeitig erhöhen können.
Prinzipiell ist eine weitere Entwicklung weg von zu starren Vorgaben und Kontrollen hin zu einem gemeinsamen Austausch über Erfahrungen und wechselseitigem Lernen zwischen Gebern und Durchführern erstrebenswert - ein Fokus auf Friedensdividende statt auf Zinsrückzahlungen. Bei der Vergabe von Mitteln sollte grundsätzlich eine Kontextangepasstheit von Maßnahmen sowie eine Koordinierung und ein Austausch zwischen Durchführern und Gebern angestrebt werden.
Wir arbeiten auch mit und für Außenministerien anderer Staaten, die bereits effektivere Rahmenbedingen und einen deutlichen Charakter des Zusammenwirkens bei Projektförderungen im Ausland geschaffen haben. Deutschland kann und muss sich in diesem Bereich innerhalb der 2021 neu beginnenden Legislatur besser aufstellen.
Die unterzeichnenden Organisationen und Einzelpersonen aus dem In- und Ausland arbeiten u.a. mit Fördermitteln vom Auswärtigen Amt, schließen sich den Grundgedanken und Forderungen dieses Positionspapiers an und bringen sich gerne in einem Prozess zur Verbesserung der zuwendungsrechtlichen Rahmenbedingungen ein.